von Diana Vachtchenko, Johann Petter, Johannes Meis
Nun möchten auch wir endlich unseren ersten Beitrag zum Musikschullabor posten! Wir, das sind Diana, Johannes und Johann, drei junge Leipziger*innen mit dem Anliegen, eine vollkommen neue, offene Musikgemeinschaft zu gründen, um möglichst vielen Kindern und Jugendlichen einen wertungsfreien, außerschulischen Bildungsraum zur Verfügung zu stellen – besonders für Kinder und Jugendliche, die sich bestehende Musikschulangebote derzeit nicht leisten können, diese aber am dringendsten bräuchten.
Eine musikalische Spielwiese für Kinder und Jugendliche, ohne starre Konstrukte, Bewertungen, Beschränkungen und Vorgaben, sondern mit selbstgewählten Herausforderungen, Wertschätzung, Selbstwirksamkeit, Gemeinschaft und Mentorship als Leitfaden im Konzept: Das ist unsere Vision! Wir sind der Überzeugung, dass es neben der Schule, die berechtigterweise jedem Kind später einmal einen offenen Bildungsweg sichern soll, keine weitere Schule braucht. Vor allem nicht dann, wenn es um Musik geht. Musik ist intuitiv, schöpferisch und kreativ. Sie lebt von Wertungsfreiheit, dem Ausprobieren, der künstlerischen Freiheit an sich – alles muss erlaubt und möglich sein. Wir wollen eine Lernumgebung schaffen, in der Kinder und Jugendliche mit all ihren Facetten gesehen und wertgeschätzt werden, möglichst viele Erfahrungen sammeln und einordnen können und dadurch besser ihren eigenen Platz in der Welt finden. Dies alles sehen wir an traditionell arbeitenden Musikschulen nur teilweise erfüllt.
Die musikalische Komponente spielt dabei natürlich eine große Rolle, doch für uns steckt noch wesentlich mehr dahinter: Junge Menschen verlernen heutzutage viel zu früh das Lernen. Sie verlieren ihre Lernfreude, das Entdecken, das Scheitern und Wiederaufstehen, das Schöpferische, die Achtsamkeit und Geduld, also alles, was sie von Geburt an in sich tragen und ihnen Freude bereitet. Sie erleben immer weniger jene existenzielle Aha-Momente , die sich einstellen, wenn sie sich einen neuen Teil der Welt selbst erschlossen haben. Dafür bekommen sie zu vieles einfach vorgesetzt. Im Hinblick auf eine zunehmend ungewisse Zukunft und die riesige Optionsvielfalt, welche sie spätestens beim Start ins Erwachsenenleben erwartet, brauchen sie eine Sache unbedingt – Selbstgewissheit. Wer sich selbst kennt und um seine Beschaffenheit weiß, der kann sich in einer Welt geprägt von Zukunftsängsten positionieren, zurechtfinden und wird ein selbstbestimmtes Leben führen, ohne sich und die eigenen Ideale zu missachten.
Um Momente der Selbstgewissheit und positive Rahmenbedingungen für das Lernen zu schaffen, bieten sich Begegnungen mit Mentoren besonders an. Sie haben eine intensive Leidenschaft für Musik entwickelt, begegnen den Kindern und Jugendlichen auf Augenhöhe, geben wertungsfreies Feedback. Sie regen an, bieten Möglichkeiten, verschaffen Anlässe, stellen Räume und Equipment bereit, sie unterstützen und Feiern jede Herausforderung, welche sich die Kinder und Jugendlichen vornehmen. Sie sind klare Vorbilder, greifen jedoch nie in Denkprozesse ein, sie sind dann Leitplanken für das Kind, wenn es Gefahr läuft, sich zu verrennen, oder es anderweitig Hilfe benötigt.
Doch genauso braucht ein Mensch, der seine Begabungen kennt, ein gesundes Maß an Selbstdisziplin im Leben, um sie vollständig zu entfalten. Musik und gemeinsame Ziele sind hier der perfekte Weg, um spielerisch Disziplin zu vermitteln. Wählen sich Kinder und Jugendliche in Gemeinschaft ein Ziel, zum Beispiel die Aufführung eines Stückes für ihre Freunde, dann lernen sie den Umgang mit etlichen zwischenmenschlichen Situationen über ein selbstgewähltes Anliegen, es fällt ihnen leicht.
Sie ziehen an einem Strang, denn sie haben den Anspruch, dass das, was sie sich ausgesucht haben, auch tatsächlich gut wird. Dabei lernen sie etwas über ihr Durchhaltevermögen, ihre Grenzen, Toleranz und über Konsequenzen von Entscheidungen. Sie lernen den Umgang mit Konflikten, Streit und Kritik, können sich zurücknehmen, übernehmen Verantwortung, lernen Pünktlichkeit und kommen auch dann zu einem verabredeten Treffen, wenn sie mal keine Lust dazu haben – denn sie spielen eine wichtige Rolle, sie sind ein wichtiges Zahnrad, welches nicht fehlen darf, wenn die Maschine laufen soll. Sie machen noch weitaus mehr wertvolle zwischenmenschliche Erfahrungen, und das alles über ein Ziel, dass sie sich selbst gewählt haben, spielerisch, schöpferisch und selbstbestimmt. Wir wollen sie dabei begleiten und ihnen dort helfen, wo sie Hilfe brauchen. Wir wollen ihre Aufführungen feiern, wir wollen ihren Selbstwert stärken, sie ermutigen und begeistern, wo wir nur können.
Ich könnte mich darin verlieren, warum unsere neuartige Musikgemeinschaft so schnell wie möglich Realität werden sollte. Doch Erwachsene machen immer einen Fehler: Sie denken, es besser zu wissen.
Zur Zeit erstellen wir das Konzept und sammeln – auch im Austausch mit dem Musikschullabor-Team – zahlreiche Ideen. Zudem arbeiten wir an Anträgen, einer Marktanalyse und erforschen, inwieweit Eltern schon bereit sind, für so ein Konzept ihr Geld auszugeben. Denn ob sie bereits Wissen, dass ihr Kind bei uns gut aufgehoben wäre, wissen wir nicht. Auf dieser nun bereits sieben Monate andauernden Reise möchten wir unsere Erkenntnisse gerne teilen und in Austausch mit anderen Musikschulneudenker*innen kommen. Uns vernetzen, etwas verändern. Wenn ihr auch mit uns in Kontakt kommen wollt, schreibt uns eine Mail an: zukunfts.musik@web.de. Wir freuen uns auf einen regen Austausch!
Liebe Grüße und bis bald,
Johann von Zukunftsmusik.